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Natura 2000
Steckbriefe der Tier- und Pflanzenarten des Anhangs II der FFH-
Richtlinie mit Vorkommen in Niedersachsen
Säugetiere
Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus)
Die Art ist in Niedersachsen sehr selten. Es gibt lediglich ein Gebiet bei
Braunschweig in dem die Art regelmäßig im Winterquartier mit bis zu 6 Tieren
angetroffen wird. Die Art wird seit wenigen Jahren hier auch im Sommer mit
Einzeltieren nachgewiesen. Sommerquartiere einschließlich Wochenstuben sind
jedoch nicht bekannt.
Als Sommerquartiere sind Baumhöhlungen unterschiedlichster Ausprägung wichtig.
Auch von oben offene Höhlen in z.B. Zwieseln werden angenommen. Als sehr
kälteresistente Art benötigt die Mopsfledermaus für ihren Winterschlaf Höhlen, alte
Bergbaustollen und Bunker sowie Keller u.ä., wo sie die kältesten Bereiche aufsucht.
Die Art bevorzugt als Jagdhabitat strukturreiche Wälder, befliegt jedoch auch offenes
Gelände mit Gehölzen, Hecken und Gewässern.
Großes Mausohr (Myotis myotis)
Der Verbreitungsschwerpunkt der Art liegt in Südniedersachsen. Hier befinden sich
die größten und meisten Wochenstubenkolonien mit ca. 200->1000 Tieren. Die
wenigen Kolonien in der nördlichen Hälfte Niedersachsens sind deutlich
individuenärmer (ca. 6 - 120). Das Große Mausohr hat in Niedersachsens seine
nordwestliche Verbreitungsgrenze.
Die Art benötigt für die Jungenaufzucht große, störungsarme Dachböden, als
Winterquartiere dienen Höhlen, alte Bergbaustollen und Bunker sowie Keller u..ä.,
wo sie relativ wärmere Bereiche aufsuchen. Als Jagdgebiete dienen in erster Linie
unterwuchsarme Wälder und dicht an Wäldern grenzende Gehölze aller
Alterstrukturen. Auch Mähwiesen werden jahreszeitlich begrenzt genutzt. Da die Art
sich nahezu ausschließlich von Laufkäfern ernährt, sind grundsätzlich offenere
Bodenbereiche wichtig.
Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii)
Die Art gilt als typische Waldfledermaus. Sie ist in Niedersachsen bislang in
verschiedenen Biotopen nachgewiesen worden: hauptsächlich in strukturreichen,
feuchten Buchen- und anderen Mischwäldern, selten in landwirtschaftlich geprägten,
mit Gehölzen und Hecken durchsetzten Flächen. Die Bechsteinfledermaus gilt
bislang als nicht häufig. Als Sommerquartiere, einschließlich Wochenstuben sind
Baumhöhlungen unterschiedlichster Ausprägung wichtig. Da die Art häufig auf
engem Raum ihre Quartiere wechselt, ist eine größere Anzahl von Höhlenbäumen
auf kleiner Fläche notwendig. Als Winterquartiere dienen Höhlen, alte Bergbaustollen
und Bunker sowie Keller u..ä., in seltenen Fällen auch Baumhöhlen in dicken
Bäumen. Jagdgebiete der Art sind strukturreiche, oft feuchte Wälder
unterschiedlicher Altersklassen mit reichhaltigem Unterwuchs.
Teichfledermaus (Myotis dasycneme)
Innerhalb der letzten Jahre wurden die ersten Wochenstubenquartiere der Art in
Niedersachsen nachgewiesen. Sie galt bis dahin noch als "Wandergast", da nur
Winterquartiere bekannt waren, die sie von den gut besiedelten Niederlanden
kommend, aufsuchte. Die Teichfledermaus ist nicht häufig. Ihr
Verbreitungsschwerpunkt liegt im westlichen Niedersachsen. Als Sommer-,
einschließlich Wochenstubenquartiere werden Dachzwischenräume von
Wohngebäuden genutzt. Winterquartiere sind insbesondere alte Bergbaustollen und
Bunker u..ä. im Bereich der nds. Mittelgebirgsschwelle. Die Art ist eng an Gewässer
gebunden. Ihre Jagdlebensräume sind Fließ- und Stillgewässer unterschiedlichster
Ausprägung, über deren Wasserspiegel sie in geringem Abstand von 20 bis 30 cm
jagt. Die Teichfledermaus fliegt in einer Nacht oft Strecken bis über 40 km über
Gewässern um zu jagen.
Luchs (Lynx lynx)
Seit dem Jahr 2000 soll der Luchs im Rahmen eines Wiederansiedlungsprogramms
in Niedersachsen wieder heimisch werden. Bisher wurden 12 Tiere im Harz
ausgewildert. Im Winter 2003 wurden 7 Tiere im Harz gespürt. Bisher konnte 2 mal
eine Reproduktion festegestellt werden. Das Projekt wird bis auf Weiteres
fortgesetzt.
Der Luchs benötigt ausgedehnte Waldgebiete mit ungestörten
Jungenaufzuchtbereichen und Ruheplätzen für die tägliche Ruhephase. Eine
Anbindung an weiter entfernt liegende Populationen ist notwendig. Dazu ist die
Vernetzung mit geeigneten Trittsteinen Voraussetzung. Seine Hauptbeute setzt sich
i.d.R.aus Schalenwild zusammen, Schwerpunkt Rehe, wie im Harz auch.
Fischotter (Lutra lutra)
Der Fischotterbestand hat sich im Laufe der 90iger Jahre durch von Osten über die
Elbe einwandernde Tiere und eine Verbesserung der Gewässerstruktur und -qualität
deutlich verbessert. Der Otter breitet sich von Nordosten nach Westen und Süden
kontinuierlich aus. So sind in 2000 Fischotternachweise aus dem Raum Bederkesa
und 2003 aus dem Südharzbereich bekannt geworden.
Struktur- und fischreiche Fließ- und Stillgewässer sowie naturnahe Bach- und
Flussauen sind seine bevorzugten Habitate. Seine Streifgebiete beinhalten i.d.R.
aber auch Gebiete, die weitab von Gewässern liegen. Fisch- und amphibienreiche
Gewässer werden bevorzugt bejagd.
Biber (Castor fiber)
Der Biberbestand hat sich im Laufe der 90iger Jahre durch von Osten über die Elbe
einwandernde Tiere deutlich verbessert. Bis 2003 wurden Biber bereits östlich von
Hamburg festgestellt. Die Besiedlung der Nebengewässer der Elbe setzt derzeit ein.
Der Biber bewohnt Gewässer unterschiedlichster Struktur und Breite. Breite Ströme
wie kleine Bäche werden gleichermaßen besiedelt. Kleinere Gewässer werden oft
angestaut, um für ihn angenehme Bedingungen zu schaffen. Von Bedeutung sind
Gehölzsäume, i.d.R. Weichholz- und Hartholzaue oder zumindest deren Fragmente,
am Rand oder zumindest in näherer Umgebung des Gewässers. Die Zweige gefällter
Bäume und Büsche dienen dem Biber als haltbarer Wintervorrat und sind für ihn
unverzichtbar. Im Sommer besteht die Nahrung überwiegend aus krautigen
Pflanzen, aber auch z.B. Rübenkulturen in der Nähe des Gewässers werden
angenommen.
Amphibien
Gelbbauchunke (Bombina variegata)
Im niedersächsischen Weser- und Leinebergland erreicht die Gelbbauchunke ihre
nördlichste Verbreitungsgrenze. Zusammenhängende Populationen gibt es nur noch in
einem begrenzten Gebiet des Leineberglandes. Aufgrund des starken Rückgangs von
mehr als 80% in diesem Jahrhundert wurde die Art in die Kategorie "vom Aussterben
bedroht" der Roten Liste eingestuft.
Als Pionierart besiedelte die Gelbbauchunke früher Kleinstgewässer im Randbereich
unregulierter Bäche und Flüsse oder an rutschenden bzw. erodierenden Hängen.
Aufgrund der nahezu vollständigen Zerstörung der ursprünglichen Lebensräume, hat
der im Wald oder in Waldnähe liegende Sekundärlebensraum "Abbaugrube" mit
seinen zahlreichen kleinen Wasseransammlungen, Pfützen und Wagenspuren eine
hohe Bedeutung für die Bestandssicherung gewonnen. Auch diese Lebensräume
lassen sich nach Beendigung des Abbaus nur durch gezielte Maßnahmen erhalten.
Rotbauchunke (Bombina bombina)
Die westliche Grenze des sich weit nach Osteuropa erstreckenden
Verbreitungsgebietes verläuft in Niedersachsen östlich von Bleckede und Uelzen. Der
Verbreitungsschwerpunkt befindet sich in der Mittelelbeniederung. Aufgrund des
starken Rückgangs in diesem Jahrhundert wurde die Art in die Kategorie "vom
Aussterben bedroht" der Roten Liste eingestuft.
Der Lebensraum beschränkt sich im wesentlichen auf die binnendeichs im
Überstauungs- bzw. Qualmwasserbereich der Elbe gelegenen zahlreichen Tümpel und
Weiher. Wiesen und Weiden sowie angrenzende Biotope stellen den terrestrischen
Lebensraum dar. Im einzigen Geestvorkommen der Art in der atlantischen Region
bilden ehemalige Flachsrotten, Mergelgruben und Weiher in Verbindung mit Grünland
sowie Gehölzen und Hecken den Jahreslebensraum.
Kammmolch (Triturus cristatus)
Mit Ausnahme des Nordwestens Niedersachsens und der höheren Lagen des Harzes
ist der Kammolch über ganz Niedersachsen mehr oder weniger flächendeckend
verbreitet. Trotz zahlreicher Vorkommen wurde die Art aufgrund des starken
Kleingewässerschwunds in die Kategorie "gefährdet" der Roten Liste eingestuft.
Sonnenexponierte Kleingewässer in Wiesen und Weiden, Talauen, aber auch
Bodenabbaugebieten in Verbindung mit Wäldern, Gehölzen und Hecken stellen die
bevorzugten Lebensräume dieser Art dar.
Reptilien
Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis)
Obwohl diese Art früher nachweislich in Niedersachsen vorgekommen ist, muss davon
ausgegangen werden, dass die Art bereits seit geraumer Zeit ausgestorben ist.
Heutige Funde lassen sich in vielen Fällen auf eindeutige Aussetzungen bzw.
entkommene Tiere aus Haltungen zurückführen.
Rundmäuler und Fische
Flußneunauge (Lampetra fluviatilis)
Ursprünglich war das Flußneunauge als anadrome Wanderfischart in den
Stromgebieten von Ems, Weser und Elbe weit verbreitet und wanderte zum Laichen
bis in die Äschen- und Forellenregion auf. Durch den Bau zahlreicher Querbauwerke
sind viele Wanderwege unterbrochen; weitere Beeinträchtigungen ihres
Lebensraumes wie Kraftwerke, Gewässerverschmutzung und wasserbauliche
Maßnahmen haben zu einem starken Rückgang geführt. Die Art wird daher in die
Kategorie "vom Aussterben bedroht" der Roten Liste eingestuft. Abgesehen vom
marinen Bereich beschränken sich die heutigen Vorkommen auf die Unter- und
Mittelläufe von Elbe, Weser und Ems als bedeutende Wandergewässer sowie
mehrere Nebenflüsse insbesondere von Elbe und Weser als Laich- und
Aufwuchsgewässer.
Flußneunaugen ziehen aus den Küstengewässern in die Flüsse und benötigen zum
Laichen kiesigen Gewässergrund im Oberlauf der Flüsse bzw. deren Nebengewässer.
Etwa 3-4 Jahre verbringen junge Neunaugen im schlammig-sandigen Bodengrund
bevor sie als erwachsene Tiere Richtung Meer wandern.
Bachneunauge (Lampetra planeri)
Das Bachneunauge ist im Einzugsbereich nahezu aller niedersächsischen Flüsse
anzutreffen, fehlt allerdings in Ostfriesland und im westlichen Emsland.
Zusammenhängende Vorkommen finden sich schwerpunktmäßig im Einzugsbereich
von Elbe, Weser, Aller und oberer Leine sowie Hase in den Naturräumen
Lüneburger Heide, östliche Stader Geest, Teilen der Dümmer-Geestniederung und
Ems-Hunte-Geest sowie Leinebergland; ansonsten handelt es sich überwiegend um
isolierte Vorkommen. Durch Gewässerverschmutzung, wasserbauliche Maßnahmen
sowie Gewässerunterhaltung insbesondere im Sohlenbereich ist der Bestand stark
zurückgegangen, sodass die Art in der Roten Liste als "stark gefährdet" eingestuft
wird.
Das Bachneunauge lebt stationär vor allem in der Forellenregion kleiner Flüsse und
Bäche mit sandigem Sediment. Zum Laichen wird kiesiger Bodengrund in flachen,
strömenden Gewässerabschnitten benötigt.
Meerneunauge (Petromyzon marinus)
Ursprünglich kam das Meerneunauge als anadrome Wanderfischart in Ems, Weser
und Elbe mit ihren Nebengewässern vor und wanderte zum Laichen bis weit in die
Oberläufe auf. Durch den Bau zahlreicher Querbauwerke sind viele Wanderwege
unterbrochen; weitere Beeinträchtigungen ihres Lebensraumes wie
Gewässerverschmutzung und wasserbauliche Maßnahmen haben zu einem starken
Rückgang geführt. Die Art wird daher in die Kategorie "vom Aussterben bedroht" der
Roten Liste eingestuft. Abgesehen vom marinen Bereich beschränken sich die
heutigen Bestände im wesentlichen auf die Unterläufe von Elbe und Weser als
bedeutende Wandergewässer; weitere Hinweise liegen für den Unterlauf der Ems vor.
Insbesondere die Nebengewässer der Unterelbe bis zum Wehr Geesthacht sowie
einige Wesernebenflüsse der Unterweser bis Bremen haben eine herausragende
Bedeutung als Laich- und Aufwuchsgewässer.
Meerneunaugen ziehen aus den Küstengewässern in die Flüsse und benötigen zum
Laichen kiesigen Gewässergrund im Oberlauf der Flüsse bzw. deren
Nebengewässer. Erst als erwachsene Tiere wandern sie zurück ins Meer.
Atlantischer Stör (Acipenser sturio)
Ursprünglich kam der zeitweise im Meer lebende Stör als anadrome Wanderfischart in
Elbe, Weser und Ems mit ihren Nebengewässern vor und wanderte zum Laichen in
die Unterläufe der Nebengewässer bzw. bis weit in die Oberläufe der Hauptströme auf.
Durch Wasserbau, Schifffahrt, Verschmutzung und Überfischung ist der Stör bereits zu
Beginn dieses Jahrhunderts weitgehend verschwunden und wird in der Roten Liste als
"ausgestorben oder verschollen" eingestuft. Auch wenn gelegentlich Einzelexemplare
gefangen werden, die infolge von Besatzmaßnahmen überwiegend osteuropäischen
Formen zuzuschreiben sind, findet eine Fortpflanzung in niedersächsischen
Gewässern nicht mehr statt.
Lachs (Salmo salar) (nur in Süßwasser)
Ursprünglich war der Lachs als anadrome Wanderfischart in den Stromgebieten von
Elbe, Weser, Ems und Jade vertreten und wanderte zum Laichen bis weit in die
Oberläufe bzw. deren Nebengewässer auf. Durch den Bau zahlreicher Querbauwerke
sind die ehemaligen Wanderwege weitgehend unterbrochen, sodass die Bestände
schon Anfang dieses Jahrhunderts stark zurückgingen; weitere Beeinträchtigungen
ihres Lebensraumes wie Gewässerverschmutzung und Wasserbaumaßnahmen haben
ebenfalls zum Rückgang beigetragen. Aktuelle Feststellungen des Lachses lassen
sich auf zahlreiche Wiederansiedlungsprojekte in den Nebengewässern von Elbe,
Weser und Ems zurückführen. Obwohl erste Rückkehrer aus Ansiedlungsprojekten
inzwischen gefangen wurden, konnte eine erfolgreiche Fortpflanzung unter natürlichen
Bedingungen bisher noch nicht nachgewiesen werden. Noch sind zu viele
Wanderungshindernisse zu den ursprünglichen Laichplätzen vorhanden. Die Art wird
in der Roten Liste als "vom Aussterben bedroht" eingestuft.
Der im Meer lebende Lachs steigt nur zum Laichen ins Süßwasser auf und benötigt
größere Kiesbänke auf der Gewässersohle zur Eiablage.
Nordseeschnäpel (Coregonus oxyrhynchus) (anadrome Populationen in
bestimmten Gebieten der Nordsee)
Ursprünglich war der Nordseeschnäpel als anadrome Wanderfischart in den
Stromgebieten von Elbe, Weser und Ems vertreten und wanderte zum Laichen bis
weit in die Oberläufe auf. Durch den Bau zahlreicher Querbauwerke und dem damit
verbundenen Verlust der Laichplätze sowie einer Überfischung während des
Laichaufstiegs sind die Bestände schon Anfang dieses Jahrhunderts stark
zurückgegangen. In den 1960er Jahren wurden noch einzelne Exemplare gefangen.
Inzwischen wird die Art in der Roten Liste als "ausgestorben bzw. verschollen"
eingestuft. Jüngere Nachweise sind vermutlich auf Maßnahmen zur Stützung des
Restbestandes der Nordsee in Dänemark und Schleswig-Holstein zurückzuführen.
Der Nordseeschnäpel lebt in küstennahen Teilen des Meeres und wandert zum
Laichen flußaufwärts. Zur Eiablage benötigt er kiesigen Untergrund.
Rapfen (Aspius aspius)
Als östliche Art kam der Rapfen ursprünglich nur in der Elbe und ihren
Nebengewässern vor und besitzt damit in Niedersachsen seine westliche
Verbreitungsgrenze. Schwerpunkt seiner natürlichen Verbreitung ist die mittlere Elbe.
Es ist davon auszugehen, dass heutige Feststellungen aus den Stromgebieten von
Weser und Ems auf Aussetzungen zurückzuführen sind. Die Art wird in der Roten Liste
als "gefährdet" eingestuft.
Als Lebensraum bevorzugt der Rapfen größere Fließgewässer und Seen.
Bitterling (Rhodeus sericeus amarus)
Früher war der Bitterling vor allem im Elbe-, Weser- und Ems-, aber auch Vechte-
Einzugsgebiet verbreitet. Die heutige natürliche Verbreitung beschränkt sich auf die
Einzugsgebiete der mittleren Elbe (Naturräume Elbtalniederung, Lüneburger Heide
und Wendland), der Aller und unteren Leine (Naturraum Weser-Aller-Flachland) sowie
der Unterweser (Naturraum Wesermarschen). Andere Vorkommen sind im
wesentlichen auf zahlreiche Besatz- und Ansiedlungsmaßnahmen zurückzuführen.
Der Rückgang des Bitterlings wird überwiegend auf den Rückgang der
Großmuschelbestände, insbesondere durch Unterhaltungsmaßnahmen,
zurückgeführt. Die Art wird daher in der Roten Liste als "vom Aussterben bedroht"
eingestuft.
Lebensraum des Bitterlings sind die pflanzenreichen Uferzonen flacher stehender oder
langsam fließender Gewässer mit Großmuschelbeständen, die die Art für die
Fortpflanzung benötigt.
Steinbeißer (Cobitis taenia)
Das Vorkommen des Steinbeißers beschränkt sich auf das Tiefland mit den
Einzugsgebieten von Elbe, Weser und Ems. Aktuelle Verbreitungsschwerpunkte
befinden sich in den Gewässereinzugsgebieten in den Naturräumen Dümmer
Geestniederung und Ems-Hunte-Geest (mittlere Ems, Hase, Artlandbäche, obere
Hunte), Weser-Aller-Flachland, Stader Geest (Oste, Wümme), Lüneburger Heide (Ise),
Elbtalniederung sowie Wendland. Durch Ausbau- und Unterhaltungsmaßnahmen
sowie Gewässerverschmutzung ist ein starker Rückgang zu verzeichnen; die Art wird
daher in der Roten Liste als "stark gefährdet" eingestuft.
Die Art lebt als dämmerungsaktiver Bodenfisch bevorzugt in meist klaren, kleineren
und größeren Fließgewässern mit geringer bis mittlerer Strömung, sandiger Sohle mit
einem gewissen Anteil an organischem Material und größeren Beständen an höheren
Wasserpflanzen; aber auch Wiesengräben und stehende Gewässer dienen als
Lebensraum.
Schlammpeitzger (Misgurnus fossilis)
Das niedersächsische Verbreitungsgebiet des Schlammpeitzgers beschränkt sich bis
auf wenige Ausnahmen auf das Tiefland. Vorkommen befinden sich in den
Einzugsgebieten aller niedersächsischen Flüsse mit Schwerpunkten in der Elbmarsch
oberhalb Hamburgs, der Elbtalniederung, dem Wendland, dem Weser-Aller-Flachland,
der Dümmer Geestniederung und Ems-Hunte-Geest sowie im Nördlichen Harzvorland
(Großes Bruch). Der Bestand unterliegt insbesondere in kleineren und kleinen
Gewässern einem extremen Rückgang durch wasserwirtschaftliche Ausbau- und
intensive Unterhaltungsmaßnahmen, sodass die Art heute in der Roten Liste als "stark
gefährdet" eingestuft werden muß.
Als Lebensraum bevorzugt der Schlammpeitzger eutrophe stehende und langsam
fließende Gewässer mit schlammigem Grund und reichem Pflanzenwuchs, wie z.B.
Altarme, Altwässer, Restwassertümpel in regelmäßig überfluteten Flussauen oder
Verlandungszonen von Stillgewässern, aber auch Bäche und Flüsse. Aufgrund des
starken Verlustes natürlicher Lebensräume spielen heute Sekundärbiotope wie
miteinander vernetzte Grabensysteme mit Entwässerungsfunktionen oder
Teichanlagen eine wichtige Rolle für die Art.
Finte (Alosa fallax)
Als anadrome Wanderfischart kommt die Finte abgesehen vom marinen Bereich in
den Unterläufen von Elbe, Weser und Ems vor und spielte hier bis Mitte dieses
Jahrhunderts als Wirtschaftsfisch eine Rolle. Stromverbau und
Gewässerverschmutzung in den Laichgebieten im Unterlauf der Flüsse haben zu
starken Bestandsrückgängen geführt, sodass die Art in die Kategorie "vom Aussterben
bedroht" der Roten Liste eingestuft wird.
Die Finte lebt in den Küstengewässern und wandert zum Laichen ins Süßwasser, aber
noch innerhalb der Gezeitengrenze, auf. Sie besiedelt damit den gesamten
Ästuarbereich der großen Ströme.
Alse, Maifisch (Alosa alosa)
Als anadrome Wanderfischart kam die leicht mit der Finte zu verwechselnde Alse
abgesehen vom marinen Bereich in den Unterläufen von Elbe, Weser und Ems vor,
stieg aber wesentlich weiter flußaufwärts bis in die Nebenflüsse hinein auf als die
Finte. Stromausbau, Querbauwerke, Gewässerverschmutzung und möglicherweise zu
starke Befischung haben dazu geführt, dass die Art heute sowohl in der Elbe als auch
in Weser und Ems als ausgestorben gilt. Die Art wird in der Roten Liste als "vom
Aussterben bedroht" eingestuft.
Groppe, Koppe, Mühlkoppe (Cottus gobio)
Ursprünglich war die Groppe sowohl im Berg- als auch im Tiefland in den
Einzugsgebieten von Elbe, Weser, Ems und Vechte verbreitet. Die heutigen
Verbreitungsschwerpunkte liegen in den Naturräumen Lüneburger Heide
(Einzugsgebiete der Nebengewässer von Elbe und Aller), Ems-Hunte-Geest
(Artlandbäche) sowie überwiegend im Weser-Leine-Bergland mit Osnabrücker
Hügelland (obere Hunte und Hase, Dütte) und Harz. Im Einzugsgebiet der Vechte fehlt
sie heute. Gewässerverschmutzung, Ausbaumaßnahmen und lokal auch zu hoher
Besatz mit Forellen haben zu einem stark rückläufigen Bestand und einer Isolierung
der Populationen geführt, sodass die Art in der Roten Liste als "stark gefährdet"
eingestuft wird.
Die Groppe bevorzugt sommerkühle, schnell fließende, sauerstoffreiche Gewässer mit
steinigem oder auch sandigem Untergrund (Forellenregion), d.h. sie stellt sehr hohe
Ansprüche an die Wasserqualität. Als Laichhabitat benötigt sie einen Bodengrund mit
Kies oder größeren Steinen.
Insekten
Käfer
Veilchenblauer Wurzelhals-Schnellkäfer (Limoniscus violaceus)
Der Veilchenblaue Wurzelhals-Schnellkäfer ist in Niedersachsen nur aus einem
Waldgebiet bekannt. Die Larven dieser Käferart leben sehr versteckt in
ausgedehnten, bis zum Boden reichenden, wenigstens teilweise mit nassem Mulm
gefüllten Stammhöhlen lebender Laubbäume, insbesondere in feuchten
Buchenwäldern und Hartholzauen. Der Kenntnisstand über die Biologie dieser Art ist
noch sehr lückenhaft. Auch zur Verbreitung kann wegen fehlender Untersuchungen
keine fundierte Aussage gemacht werden. Die Kenntnis von dem Vorkommen in
Südniedersachsen beruht auf einer aktuellen, sehr intensiven wissenschaftlichen
Untersuchung zum Käferbestand eines Waldgebietes.
Zum Schutz der Art müssen anbrüchige Stämme von Laubbäumen, insbesondere
Rotbuchen und Ulmen in hoher Anzahl zugelassen werden. Neben dem Erhalt der
aktuellen ist die Entwicklung weiterer geeigneter Brutbäume zur Aufrechterhaltung
des Habitatkontinuums unerlässlich. Eine Population ist nur bei kontinuierlichem
Angebot geeigneter Baumhöhlen langfristig überlebensfähig; einzelne Höhlenbäume
in altersgleichen Wirtschaftswäldern sind nicht ausreichend.
Heldbock, Großer Eichenbock (Cerambyx cerdo)
Der Große Eichenbock ist eine der größten heimischen Käferarten. Seine Larven
leben mehrere (3 - 5) Jahre im Holz v.a. alter Eichen. Die Altkäfer legen ihre Eier nur
an ausreichend besonntes, stehendes Altholz. Nur ein kleiner Teil der als geeignet
erscheinenden Stämme wird besiedelt. Es ist nicht bekannt, nach welchen Kriterien
die Feinauswahl der Käfer-Weibchen erfolgt. Die Larven bohren lange Fraßgänge
auch quer durch den Stamm und sorgen so u.a. für die Besiedlung auch des Stamm-
inneren durch Pilze.
Der Große Eichenbock ist heute in Niedersachsen und im übrigen Bundesgebiet
sehr selten. In Niedersachsen sind nur zwei Vorkommen bekannt. An erster Stelle
müssen die bekannten Brutbäume erhalten und Beeinträchtigungen beseitigt
werden. Da die Käfer nur über sehr geringe Entfernungen neue Brutbäume
anfliegen, muss für das Heranwachsen potentieller zukünftiger Brutbäume in enger
Nachbarschaft gesorgt werden.
Hirschkäfer (Lucanus cervus)
Hirschkäfer waren einst auch in Mitteleuropa weit verbreitet und nicht so selten wie
heute. Zumeist sind es nur einzelne Käfer oder sogar nur noch deren Reste, die
gefunden werden. Die Ursache für den Rückgang ist im Verschwinden der
Brutbäume, alte anbrüchige Laubbäume, insbesondere Eichen, zu suchen. Hier
leben die Larven der Hirschkäfer 5 - 8 Jahre lang im Wurzelstockbereich vom
modernden Holz. Die Käfer lecken sehr gern den aus Rindenwunden auslaufenden
Saft der Brutbäume, insbesondere von Eichen. Mit ihren vergleichsweise kurzen,
dafür aber sehr kräftigen Kiefern erzeugen die Weibchen ggf. derartige
Saftflussstellen selbst. Hierhin locken sie die Männchen, die mit ihren typischen sehr
großen Kiefern (dem "Geweih") Rivalenkämpfe durchführen. Vermutlich hat dieses
Verhalten zur Namensgebung der "Hirsch"-Käfer beigetragen.
Nach heutigem Kenntnisstand kommen die Hirschkäfer in größeren Populationen nur
noch im südlichen Westniedersachsen, im Solling und in der Göhrde vor. Aus den
anderen Landesteilen sind zumeist nur Beobachtungen einzelner oder weniger Tiere
bekannt. Trotz ihrer Größe leben Hirschkäfer recht unauffällig und viele
Informationen gehen auf zufällige Funde zurück.
Für ein Überleben der Käfer sind anbrüchige Wurzeln älterer oder Stubben
abgestorbener Laubbäume in möglichst warmer (besonnter) Lage unerlässlich. Dort,
wo diese Nahrungsquellen nicht beseitigt werden, können Hirschkäfer sogar sehr gut
innerhalb von Siedlungen leben und im Sommer die Bevölkerung erfreuen.
*Eremit-Käfer, Juchtenkäfer (Osmoderma eremita)
Dieser bis zu 3 cm Körperlänge erreichende Großkäfer gehört zu den prioritären
Arten der FFH-Richtlinie. Der Eremit ist in Niedersachsen sehr selten und nur aus
etwa 10 Bereichen bekannt. Die Larven (Engerlinge) leben mehrere Jahre in mit
MuIm gefüllten Hohlräumen innerhalb stehender alter Laubbäume. Auch die
erwachsenen Käfer leben in diesen Höhlungen und nur ein kleiner Teil von ihnen
kommt bei sehr warmem Wetter aus der Baumhöhle heraus. Es gibt Beobachtungen
von Baumhöhlen, die über viele Jahre von mehreren Juchtenkäfer-Generationen
besiedelt wurden, ohne dass die Käfer jemals die Höhle verlassen haben. Sie sind in
ihrer "Eremitage" (Name!) verblieben. Aufgrund seiner versteckten Lebensweise ist
der Eremit-Käfer nur sehr schwer nachweisbar. So kann es geschehen, dass ein
Brutbaum des Juchtenkäfers aus Unkenntnis über seinen Wert als Lebensraum für
seltene und schützenswerte Tiere gefällt wird. Daher ist die Ermittlung von
Brutbäumen durch Spezialisten eine wichtige Voraussetzung für den Erhalt dieser
Käferart in Niedersachsen. Da die Lebensstätten der Käfer natürlicherweise nur eine
begrenzte Existenzzeit aufweisen, müssen gleichzeitig neue Brutbäume mit dem
erforderlichen Mulmkörper im Stamminneren heranwachsen. Dies muss in geringer
Entfernung von den aktuellen Brutbäumen erfolgen, da die Käfer nur eine geringe
Distanz von wenigen Hundert Metern überwinden.
Schmetterlinge
*Spanische Fahne (Euplagia [Callimorpha] quadripunctaria)
Sehr seltener, zu den "Schönbären" gehörender, im Flug auffälliger tagaktiver
Schmetterling, der aus Niedersachsen nur von einem Fundort bekannt ist. Die
Raupen dieses mehr südlich verbreiteten Falters leben v.a. an Kräutern und
Hochstauden, also an bodennaher Vegetation und weniger an Sträuchern. Die Falter
benötigen blühende Kräuter als Nektarquelle, im Vorkommensgebiet ist es vor allem
Origanum.Neben offenen Bereichen mit reichem Blütenangebot sind benachbart
Waldrandstrukturen oder Gebüsche erforderlich, in denen sich die Falter vor zu
großer Tageshitze verstecken, auch sehr erfolgreich vor Beobachtern. Für den
Schutz des einzigen niedersächsischen Vorkommens ist ein mit der
Straßenbauverwaltung abgestimmtes Management-Konzept erforderlich.
Skabiosen-Scheckenfalter (Euphydryas aurinia)
Skabiosen-Scheckenfalter sind in Niedersachsen heute sehr selten. Sie kommen nur
noch auf wenigen Kalkhalbtrockenrasen des niedersächsischen Berglandes vor. Hier
benötigen sie offene bis halboffene blütenreiche Vegetationsbestände. Die
wichtigste Futterpflanze ist vermutlich die Tauben-Skabiose (Scabiosa columbaria),
evtl. auch die Acker-Witwenblume (Knautia arvensis) Trockenrasenhänge der
verschiedensten Expositionen bieten den Tieren in klimatisch verschiedenen Jahren
das benötigte Kleinklima. Eine Gefährdung ergibt sich für die Falter durch die
spontane Bewaldung dieser Standorte, nachdem die traditionelle Nutzung - zumeist
Schaf- und Ziegen-Hütehaltung - aufgegeben wurde. Im Norddeutschen Tiefland, wo
der Falter einst auf Niedermoor-Feuchtwiesen mit der Nahrungspflanze Succisa
pratensis (Teufelsabbiss) lebte, ist er inzwischen ausgestorben. Die Ursache hierfür
ist in der fast vollständigen Zerstörung der natürlichen und naturnahen Niedermoore
zu suchen.
Großer Feuerfalter (Lycaena dispar)
Der Große Feuerfalter ist ein sehr seltener Tagfalter von offenen Nassstandorten,
z.B. von Feuchtwiesen. Das letzte niedersächsische Vorkommen ist zwischenzeitlich
ausgestorben. Die Raupe lebt am Fluss-Ampfer Rumex hydrolapathum. Neben der
Trockenlegung seiner Lebensräume ist der Falter z.B. auch durch
Gewässerunterhaltung gefährdet. Die Jungraupen überwintern an den alten Blättern
von Flussampfer-Stauden, die am Gewässerrand oder sogar im Wasser wachsen.
Im Frühjahr finden sie in den neu austreibenden Blättern sofort ihre Nahrung.
Werden die alten Blätter im Winterhalbjahr abgemäht und z.B. auf dem Ufer
abgelegt, finden die Jungraupen im Frühjahr ihre Nahrung nicht mehr und
verhungern.
In Niedersachsen wird versucht, den Großen Feuerfalter wieder anzusiedeln,
nachdem der ehemalige Lebensraum gezielte auf die ökologischen Ansprüche der
Raupen vorbereitet wird.
Schwarzer Moorbläuling [Dunkler Wiesenknopf-Ameisen-Bläuling] (Maculinea
[Glaucopsyche] nausithous)
Der Schwarze Moorbläuling kommt in Niedersachsen an seiner nördlichen
Verbreitungsgrenze nur noch in einer sehr kleinen Restpopulation vor. Seine weitere
Verbreitung in geringer Dichte im südlichen Wesertal ist erst in den letzten Jahren
aufgrund intensiverer Untersuchungen festgestellt worden.
Dieser Tagfalter ist äußerst eng an seine Nahrungspflanze, den Großen
Wiesenknopf Sanguisorba officinalis gebunden. Die Nahrungs-Pflanzen müssen an
möglichst gut besonnten offenen Stellen wachsen, ohne zu große Konkurrenz
starkwüchsiger Gräser, so z.B. in extensiv genutzten Wiesen. Die Raupen leben
zunächst vegetarisch von der Futterpflanze, dann werden sie von Ameisen der
Gattung Myrmica in deren Nester eingetragen und leben dort räuberisch von der
Ameisen-Brut ("Mordraupen"). Zusätzlich an diese beiden Voraussetzungen stellen
die Falter offensichtlich weitere Ansprüche an den Wuchsstandort hinsichtlich
Bodenfeuchte und Bodentemperatur, was auch vom Besonnungsgrad abhängt.
Gefährdet sind die Falter heute durch Änderung der Flächennutzung: eine
Nutzungsaufgabe führt zum Verbrachen und Zuwachsen der Standorte, eine
Nutzungsintensivierung, führt zur völligen Beseitigung der Futterpflanzen, der
Wirtsameisen und der spezifischen kleinklimatischen Verhältnisse. Für den Erhalt
müssen traditionelle Bewirtschaftungsweisen zumindest kleinflächig, u.U. auch nur
entlang von Wegen, aufgenommen werden. Von sehr großer Bedeutung ist der
Mahdzeitpunkt. Die Wiesen oder Wegränder und Säume müssen bei normaler
Witterung in der letzten Mai-Dekade gemäht werden. Nach der Mahd wachsen die
Wiesenknopf-Pflanzen wieder heran und treiben genau zum Schlupfzeitpunkt der
Falter die für seine Existenz unverzichtbaren Blüten. Bei zu früher Mahd sind die
Wiesenknopf-Blüten schon verblüht oder sie erscheinen bei später Mahd zu spät.
Infolgedessen finden die Falter in ihrer kurzen Flugzeit keine Nektarquelle und
keinen Eiablage-Ort.
Libellen
HeIm-Azurjungfer (Coenagrion mercuriale)
Die Helm-Azurjungfer ist eine sehr seltene Kleinlibellen-Art mit nur drei sehr kleinen
Vorkommen in Niedersachsen. Die Larven leben in kleinen Fließgewässern mit
Grundwasserzustrom, der auch im Winter relativ warmes Wasser garantiert und ein
Zufrieren verhindert. Stets sind die besiedelten Gewässerstrecken von einem nicht
zu dichten Krautbestand gesäumt. Auffällig ist das häufig parallele Vorkommen der
Berle (Berula erecta) an denselben Standorten. Die Vorkommen der Helm-
Azurjungfer sind insbesondere durch Gewässerausbau und durch eine nicht
geeignete Gewässerunterhaltung gefährdet. Die überwinternden Larven leben auf
und zwischen Wasserpflanzen. Daraus wird klar, dass eine "Entkrautung" des
Gewässers, bei der z. B. mit dem Mähkorb die Pflanzen unterhalb der
Wasseroberfläche abgemäht werden und teilweise bis in den Gewässerboden
gegriffen wird, für die Larven tödlich ist. Andererseits darf die Gewässerstrecke auch
nicht völlig von krautigen Pflanzen zugewuchert oder stark von Bäumen beschattet
werden, da die Beschattung zu einem Ausfall des Kraut- und Staudensaumes führen
würde. Hier können nur angepasste Unterhaltungsmethoden ein Überleben der
Libellen ermöglichen. Anhaltspunkt hierfür müssen die ursprünglichen, die primären
Lebensräume der Helm-Azurjungfern sein. Dies sind oberflächennah langsam
fließende Riedbäche. Die Vegetation oberhalb der Wasseroberfläche ist hier
aufgrund des hohen Wasserstandes stets so licht, dass zwischen den Pflanzen
ausreichende Flugbereiche für die erwachsenen Helm-Azurjungfern verbleiben. Die
heutigen Vorkommen in Niedersachsen befinden sich alle in stark ausgebauten, tief
eingeschnittenen Gewässerstrecken. Die Ufer sind weitgehend trocken und
ermöglichen daher eine sehr dichte Vegetation, die ohne eine gezielte Pflege zum
Erlöschen der Helm-Azurjungfer-Populationen führen würde.
Große Moosjungfer (Leucorrhinia pectoralis)
Seltene, an vielen der heutigen Brutgewässer Niedersachsens unstete Libellenart
mesotropher Moorgewässer. Die ursprünglichen Lebensräume sind Gewässer v.a.
im Randgehänge von Hochmooren, im Übergangsbereich zu umgebenden
mineralbodengeprägten Standorten, in der Lagg-Zone. Außerdem in Niedermoor-
Weihern. Die Art kann daher in erster Linie durch einen fachgerechten Moorschutz
erhalten werden.
Andererseits kommt Große Moosjungfer zumindest einige Jahre lang auch in neu
angelegten Gewässern auf saueren Standorten vor. Dieser Gewässertyp benötigt
auf Dauer eine angepasste Pflege. Z.B. müssen die Brutgewässer u.a. von zu stark
beschattenden Bäumen befreit werden. Werden die Brutgewässer von Torfmoosen
völlig zugewachsen, müssen sie in mehrjährigem Abstand von den Moosen befreit
werden.
Grüne Keiljungfer (Ophiogomphus [serpentinus] cecilia)
Die Grüne Keiljungfer besiedelt saubere, meist schnell fließende Fließgewässer. In
Niedersachsen ist sie weitgehend auf saubere, naturnahe Bäche und Flüsse der
Stader Geest, der Lüneburger Heide und des Aller-Flachlandes beschränkt. Hier hat
sie sich - vermutlich aufgrund verbesserter Wasserqualität - in den letzten Jahren
ausgebreitet. Der Art kann durch einen konsequenten Fließgewässerschutz
einschließlich der Auen offensichtlich wirkungsvoll geholfen werden. Negativ wirkt
sich neben der direkten Entnahme die Beschädigung der Gewässersohle im
Rahmen der Gewässerunterhaltung aus. Außerdem benötigen die Larven eine
stabile Gewässersohle, sie leiden unter unnatürlichem Sandtrieb, der sie überdeckt
und erstickt.
Weichtiere
Schnecken
Schmale Windelschnecke (Vertigo angustior)
Von der Schmalen Windelschnecke sind in Niedersachsen aktuell sieben
Vorkommen bekannt. Die Tiere erreichen eine Schalenlänge von etwa 1,7 mm. Die
Schmale Windelschnecke besiedelt hier Kalkquell-Sümpfe und Klein- und
Großseggenrieder. Sie lebt in der bodennahen Vegetation. Gefährdungen gehen aus
von Entwässerungsmaßnahmen jeglicher Art, von Nutzungsintensivierung/Düngung
im Einzugsgebiet der Quellen, von Viehtritt und von sommerlicher Pflegemahd. Die
ursprünglichen nassen nährstoffarmen Lebensräume sind frei von jeder Nutzung.
Vierzähnige Windelschnecke (Vertigo geyeri)
Die Entdeckung eines aktuellen Vorkommens der Vierzähnigen Windelschnecke in
Südniedersachsen im Rahmen einer Basisuntersuchung zum Tierartenbestand
innerhalb eines FFH-Gebietes war auch unter Fachleuten eine kleine Sensation. Es
ist das einzige bekannte Vorkommen in Nord- und Mitteldeutschland dieser mit etwa
1,5 mm Schalenlänge sehr kleinen Schneckenart. Außerdem sind innerhalb
Deutschlands aktuell nur zwei weitere Vorkommen in Süddeutschland bekannt.
Lebensraum der stenotopen Art sind offene, oligo- bis mesotrophe Kalksümpfe und
Kalkmoore mit konstantem, hohem Wasserspiegel. Im niedersächsischen
Vorkommen leben die Vierzähnigen Windelschnecken "im dauerhaft feuchten Milieu
am Fuß von Kleinseggen". Aus den Lebensraumansprüchen ergeben sich die
Schutzanforderungen: Erhalt der nassen, oligotrophen Situation ohne Nutzung der
Kleinseggenbestände.
Bauchige Windelschnecke (Vertigo moulinsiana)
Von der Bauchigen Windelschnecke sind aktuell nur zwei Vorkommen in
Niedersachsen bekannt. Die Art besiedelt kalk- und nährstoffreiche Seggenriede auf
quelligen und auf Niedermoor-Standorten. Die kleinen, nur etwa 2,5 mm
Gehäuselänge erreichenden Schnecken leben bodennah in der Vegetation. Ihr
Lebensraum wäre in erster Linie durch Entwässerungsmaßnahmen und die
Aufnahme einer Nutzung gefährdet. Außerdem kann auch eine sommerliche
Pflegemahd die in der Vegetation lebenden Schnecken nachhaltig schädigen. Zum
nachhaltigen Schutz müssen sämtliche Entwässerungseinrichtungen zurück gebaut
werden.
Muscheln
Flussperlmuschel (Margaritifera margaritifera)
Die Flussperlmuschel ist eine Art der sehr sauberen, naturnahen Fließgewässer der
Lüneburger Heide. Sie ist beschränkt auf die untere Forellen- und obere
Äschenregion. Früher war die Art in der Lüneburger Heide in großer Anzahl weit
verbreitet, heute lebt sie nur noch in einem kleinen Bestand in der Südheide. Die
Tiere erreichen ein Alter von bis zu 100 Jahren. Für das nachhaltige Überleben der
Flussperlmuscheln ist ein umfassender Fließgewässerschutz erforderlich. Neben
einer sehr guten Wasserqualität müssen Einträge aus dem Umland weitestgehend
vermieden bzw. unterbunden werden. Eine Gewässerunterhaltung muss weitgehend
unterbleiben und darf höchstens noch im Einzelfall punktuell erfolgen.
Dass man dieser in ganz Mitteleuropa immer seltener werdenden Tierart mit
zielorientiertem und fachlich fundiertem Vorgehen helfen kann, wird derzeit in
Niedersachsen mit dem Lutterprogramm bewiesen. Die unnatürlich hohe Sandfracht
wurde als wesentlicher Schadfaktor entscheidend reduziert. Die daraus resultierende
Entwicklung sieht wie folgt aus: Um 1980 lebten in der Lutter noch etwa 2600
Altmuscheln. Jungmuscheln fehlten vollständig. Im Jahre 2003 leben nur noch etwa
1400 Altmuscheln, aber zwischenzeitlich leben wieder etwa 2800 Jungmuscheln in
diesem Heidebach. Dieses positive Ergebnis ist in Mitteleuropa einzigartig.
Bachmuschel (Unio crassus)
Die Bachmuschel war einst in ganz Niedersachsen in Bächen, Flüssen und Strömen
weit verbreitet. Heute besiedelt sie nur noch drei Gewässer. In zwei dieser Gewässer
leben nur noch sehr kleine Restbestände dieses einst in Massen vorkommenden
Weichtieres. In nicht weitgehend zerstörten Gewässerabschnitten der Ilmenau
kommen nach neuesten Untersuchungen hochgerechnet noch etwa 80 000 Tiere
vor. Unter natürlichen Verhältnissen würde der Bestand allerdings etwa 1 Millionen
Tiere umfassen.
Die Bachmuschel leidet unter Gewässerverschmutzung, Gewässerausbau und -
unterhaltung sowie unter (Sediment-) Einträgen aus der vom Menschen genutzten
Landschaft. Als ein Ergebnis dieser Beeinträchtigungsquellen weisen die Gewässer
heute selbst bei ausreichender Wasserqualität fast überall eine unnatürlich hohe
Sedimentfracht auf. Junge Bachmuscheln sind mit unter 1 mm Schalenlänge sehr
klein. Sie werden von der Sedimentfracht überdeckt und ersticken.
Schutzmaßnahmen müssen daher eine wesentliche Reduzierung der Sedimentfracht
zum Ziel haben. Dies würde sich sehr positive auf die gesamte Fließgewässer-
Lebensgemeinschaft auswirken.
Pflanzenarten
*prioritäre Art
Farn- und Blütenpflanzen
Prächtiger Hautfarn (Trichomanes speciosum)
Hauptverbreitungsgebiet für diesen Farn, der erst 1997 in Niedersachsen entdeckt
wurde, ist der Reinhäuser Wald im Landkreis Göttingen mit mehr als 20
Wuchsstellen. Trichomanes speciosum besiedelt dort tiefe, dunkle Felsspalten und
Höhlen in natürlichen Felsen aus Mittlerem Buntsandstein. Diese Wuchsorte haben
durchgehend ein gleichbleibendes feucht kühles Mikroklima. Der Farn bildet in
Mitteleuropa keine Sporophyten (Farnwedel mit Sporen) aus, sondern lebt in der
Gametophyten-Generation in Form moosähnlicher fadenförmiger Prothallien, die
sich vegetativ vermehren. Die vom Prächigen Hautfarn besiedelten Felsgebiete
liegen durchweg in geschlossenen Laub- oder Mischwaldkomplexen, überwiegend in
luftfeuchten Bachtälern und -schluchten (Rote Liste: R).
Einfache Mondraute (Botrychium simplex)
Ausgestorben (Rote Liste: 0). Früher auf Norderney und in den Huntewiesen bei
Sandkrug (letztmalig 1912).
Froschkraut (Luronium natans)
Der bundesdeutsche Schwerpunkt dieser atlantisch verbreiteten Wasserpflanze liegt
in Niedersachsen (Rote Liste: 2). Hier werden basenarme, stehende oder langsam
fließende Gewässer besiedelt, z. B. Heideweiher, Teiche, Tümpel, Altwässer,
Gräben oder Bäche, vor allem im westlichen Niedersachsen in den Landkreisen
Grafschaft Bentheim und Emsland (z. B. Ems- und Hasetal). Östlich der Weser ist
derzeit nur noch ein Vorkommen im Meißendorfer Teichgebiet bekannt, früher gab
es einige weitere Nachweise bis in den Drömling. Im südlichen Niedersachsen ist
das Froschkraut ausgestorben.
*Sand-Silberscharte (Jurinea cyanoides)
Ausgestorben (Rote Liste: 0). Früher östlich der Elbe im ehemaligen Amt Neuhaus
auf Dünen und lückigen Sandmagerrasen, zuletzt 1916 festgestellt.
Frauenschuh (Cypripedium calceolus)
Sehr seltene Orchideenart, die immer noch durch das illegale Ausgraben von
"Naturliebhabern" besonders stark gefährdet ist (Rote Liste: 2). Sie wächst vor allem
auf kalkhaltigen Lehmböden in lichten, wärmebegünstigten Saumbereichen an
Waldrändern und auf halbschattigen Lichtungen, aber auch in verbuschten
Halbtrockenrasen sowie gelegentlich kümmernd als Relikt in Nadelholzforsten. Eine
Bestandserfassung 2002 ergab noch 27 Wuchsorte, die alle im Weser-Leine-
Bergland liegen, vor allem in den Landkreisen Hildesheim, Holzminden und
Göttingen. 20 dieser Vorkommen sind allerdings Kleinstpopulationen mit weniger als
10 Pflanzen. Im nordniedersächsischen Tiefland ist der Frauenschuh vor 25 Jahren
ausgestorben.
Sumpf-Glanzkraut (Liparis loeselii)
Einst in kalkreichen Moorwiesen im gesamten Land Niedersachsen vorkommend, ist
das Glanzkraut im niedersächsischen Binnenland inzwischen ausgestorben. Der
letzte Nachweis stammt aus dem Jahr 1992, als eine Pflanzen in einem Moor bei
Oldenburg festgestellt wurde. Auch auf den Ostfriesischen Inseln, wo diese
unscheinbare Orchidee früher in basenreichen feuchten Dünentälern von Borkum,
Juist, Norderney, Baltrum und Langeoog vorkam, ist sie stark zurückgegangen und
hat nur noch auf Borkum eine stabile Population (Rote Liste: 2). Als
konkurrenzschwache Pionierart verschwindet Liparis loeselii schnell nach dem
Zuwachsen geeigneter Wuchsorte und ist auf natürliche Dynamik im Küstenbereich
bzw. auf extensive Nutzung oder Pflege angewiesen.
Vorblattloses Leinblatt (Thesium ebracteatum)
Im Landkreis Harburg befindet sich das letzte bestehende Vorkommen vom
Vorblattlosen Leinblatt in Westdeutschland (Rote Liste: 1). Aus Ostdeutschland sind
weitere Vorkommen nur noch aus Brandenburg bekannt. Die niedersächsischen
Vorkommen, früher waren neun weitere Wuchsorte bekannt, liegen am äußersten
Westrand des Verbreitungsgebiets. Thesium ebracteatum wächst aktuell in einer
Zwergstrauchheide zusammen mit weiteren sehr seltenen Arten, z. B. der Ästigen
Graslilie (Anthericum ramosum)und der Niedrigen Schwarzwurzel (Scorzonera
humilis).
Moor-Steinbrech (Saxifraga hirculus)
Ausgestorben (Rote Liste: 0). Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts kam der Moor-
Steinbrech als Eiszeitrelikt auf Sumpfwiesen und in Mooren an mehr als 15
Wuchsorten im nördlichen Niedersachsen vor.
Kriechender Sellerie (Apium repens)
Sehr seltene Art (Rote Liste: 1), die in Pionierfluren und Flutrasen am Ufer von
Teichen oder Tümpeln (Wiesentümpel, neu angelegte Flachgewässer) vorkommt,
vor allem auf periodisch überschwemmten, basenreichen Lehmböden. Als
konkurrenzschwache Art benötigt Apium repens kurzrasige oder vegetationsarme
Flächen, wie sie z. B. im Rahmen einer extensiven Beweidung entstehen. Nach 1982
wurden in Niedersachsen nur noch vier Vorkommen bekannt, von denen derzeit
(2003) nur noch je eines in den Landkreisen Rotenburg (Wümme) und Vechta
existieren.
Schierlings-Wasserfenchel (Oenanthe conioides)
Der Schierlings-Wasserfenchel ist eine der ganz wenigen endemischen Arten
Deutschlands. Weltwelt kommt dieser Doldenblütler nur im tidebeeinflussten
Uferröhricht der Elbe in den Bundesländern Niedersachsen, Schleswig-Holstein und
Hamburg vor! Aufgrund der Biotopveränderungen an der Unterelbe, ihrer Ufer und
der Mündungsbereiche der Nebenflüsse ist Oenanthe conioides in den letzten
Jahrzehnten drastisch zurückgegangen (Rote Liste: 1). Eine Bestandserfassung
2003 ergab für Niedersachsen nur noch drei Wuchsorte mit insg. 65 Pflanzen. Die
größten Vorkommen sind auf einer Elbinsel konzentriert.
Moose
Grünes Koboldmoos (Buxbaumia viridis)
Ausgestorben (Rote Liste: 0). Früher an wenigen Fundorten im Tiefland und im
Hügelland in luftfeuchten Wäldern auf morschem Holz.
Grünes Gabelzahnmoos (Dicranum viride)
Sehr seltenes Moos, das im Tiefland früher bei Walsrode vorkam, dort aber nicht
mehr wiedergefunden werden konnte. Das Grüne Gabelzahnmoos (Rote Liste: 1)
wächst als Epiphyt in historisch alten Laubwäldern an der unteren Stammhälfte
mittelalter bis alter Laubbäume (v. a. Hainbuche, Rot-Buche, Eiche, Esche). Ein
2003 durchgeführtes Monitoring in Südniedersachsen erbrachte überraschend 14
Neufunde von Populationen im Landkreis Göttingen. Dabei handelt es sich um die
größten zurzeit bekannten Vorkommen in Nord- und Mitteldeutschland! Bevorzugt
werden Eichen-Hainbuchenwälder auf Kalk, unter speziellen Voraussetzungen
kommt die Art aber auch in Waldhaargersten-Buchenwäldern vor.
Firnisglänzendes Sichelmoos (Drepanocladus vernicosus)
Ausgestorben (Rote Liste: 0). Vor 1950 an wenigen Fundorten in Tiefland und im
Hügelland in kalkfreien Sümpfen.
Langstieliges Meesemoos (Meesia longiseta)
Ausgestorben (Rote Liste: 0). Vor 1900 wurde diese boreal verbreitete Art in einem
nordniedersächsischen Flachmoor festgestellt.
Das Orginal als Tier und Pflanzen.pdf
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