Die Este ist ein Nebenfluß der Elbe. Ja, genau! Jene Elbe, von der wir dauernd Horrorgeschichten lesen.

Doch von der Este gibt es Positives zu berichten. Der Verein ,,Frühauf" kann mit Stolz auf eingebürgerte Edelfische und Kleinfische verweisen.

 

Unsere Anglerinteressengruppe nennt sich Anglergemeinschaft Nord-Niedersachsen. Wir bewirtschaften die Este, einen Heide-Nebenfluß der Elbe. Schon seit Jahrzehnten wird unter der Federführung des Anglervereins Frühauf v. 1910 Hamburg e. V. Fischzucht, vor allem Salmonidenaufzucht, betrieben. Schon frühzeitig kamen Vereinskameraden zu der Erkenntnis, daß eine optimale Bewirtschaftung der Salmonidenstrecken nur mit flußeigenem Fischzuchtmaterial durchzuführen ist. Beobachtungen ergaben, daß der bei Fischzüchtern gekaufte Besatz sich nur kurzzeitig in der Este aufhielt und größtenteils abwanderte. Die Entwicklung von geeigneten Elektrofanggeräten gab den Angelvereinen die Möglichkeit, an verwertbare Zuchtfische aus ihren Gewässern heranzukommen. Nach der Erstellung einer eigenen Brutkiste, sehr simpel und einfach, aber fehlerfrei arbeitend, und nach dem dazugehörenden Ärger mit den Behörden (es kann ja nun nicht jeder daherkommen und Umweltschutz betreiben und eine Holzkiste in der Größenordnung von 1,0 x 1,0 x 2,80 m an geeigneter Stelle - sauberes Quellwasser -ins Gelände stellen), konnten die ersten Fischzuchtversuche vorgenommen werden.

Nach den anfänglichen Fehlschlägen klappt mittlerweile unsere Fischzucht. Nach mehreren ,,Standortvertreibungen" haben wir auch ein geeignetes Plätzchen für unsere Brutanlage gefunden. Vor 30 Jahren hatten unsere Vorgänger im Verein noch die Möglichkeit, ihre erbrüteten Bachforellen und Meerforellen in den Nebenbächen der Este auszusetzen. Aber im Laufe der Zeit war zu beobachten, daß der Ertrag von Jahr zu Jahr weniger wurde. Es war festzustellen, daß durch die steigende Freizeit der Bevölkerung und das sogenannte Wirtschaftswunder immer mehr Bürger dazu übergingen, sich eigene Fischteiche in den Quellgebieten und rechts und links der Aufzuchtbäche anzulegen. Da diese Teichanlagen auch Profit abwerfen sollten, wurden sie reichlich mit Fisch besetzt. Ergebnis; Die Bäche wurden durch die Teichabwässer überlastet. Das ist Vergangenheit, lassen wir sie ruhen. Heute sind wir in der glücklichen Lage, unsere Fischzucht einfacher zu betreiben. Bedingt durch die Entstehung neuer Fischereigesetze, haben sich auch bei uns Veränderungen in den Pachtverhältnissen an der Este ergeben. Durch die vorbildliche Zusammenarbeit der an der Pachtung beteiligten Vereine und durch geeignete Teichanlagen werden jährlich zwischen sechs- bis zehntausend Bachforellensetzlinge in die Este eingesetzt. Diese Besatzmaßnahmen zeigen ihre Früchte. Obwohl die Este ein futterarmer Heidesandbach ist, müssen unsere Bachforellen den Vergleich mit Fischen anderer Regionen nicht scheuen.

Berechtigter Stolz

Ich führe den heutigen guten Zustand unseres Bachforellen-Zuchtstammes auf die konsequente Zuchtmaterial-Auslese zurück. Auch sollte wohl nicht der Umstand außer acht gelassen werden, daß seit einigen Jahren der Este-Unterhaltungsverband die Wasserkrautbekämpfung bedachter - sprich manuell - durchführt und nicht, wie in der Vergangenheit geschehen, massenweise chemische Mittel einsetzt. Heute haben auch bei uns im Bach wieder zahlreiche Wasserinsekten ihren Lebensraum.

Schon in den fünfziger Jahren legten unsere Altkameraden besonderen Wert auf die Meerforellen. Ich kann wohl heute mit Recht und Stolz behaupten, daß durch den unermüdlichen Einsatz an Zeit, Energie und Finanzen der Sportsfreunde des Anglervereins Frühauf Hamburg v. 1910 und des Angelvereins Harburg-Wilhelmsburg der gesamte norddeutsche Raum von der Meerforellenaufzucht profitiert hat. Immer waren die .,Alten- bereit und behilflich bei der Neueinbürgerung von Meerforellenstämmen.

Heute werden von unserer Gemeinschaft im Jahre ca. 30.000 bis 50.000 Meerforellenbrütlinge in den Nebenbächen der Este ausgesetzt. Zwar wird mit der Angel im Jahr nur eine geringe Anzahl von Fischen gefangen, mag sein, daß die Spezialisten fehlen, aber beim Elektro-Laichfischfang ist das Staunen immer wieder groß über die Anzahl der Fische und die Größe einzelner Exemplare. Fische um zwölf Pfund sind nicht selten. Im vergangenen Jahr wurde beim Elektro-Fischen ein sechzehnpfündiger Milchner ,,erbeutet".

5000 Äscheneier

Schon seit Jahren, ich mache die Angelegenheit nun immerhin seit 1966 mit, besteht bei uns der Wunsch, auch erfolgreich unsere Züchtung auf die Äsche auszudehnen. Sowohl 1986 wie auch 1987 können wir von kleinen Erfolgen sprechen. Mitte März wird bei uns elektrisch auf Laichäschen gefischt. Wir haben zwar nur einen kleinen Äschenstamm, aber immerhin konnten wir ca. 5000 eigene Äscheneier in unserer Brutanlage aufziehen.

Ich will nicht verhehlen, daß die Gewinnung der Eier sehr mühsam war, mußten doch die Mutterfische vier Wochen lang drei- bis viermal in der Woche kontrolliert werden, um den richtigen Zeitpunkt der Eiabgabe nicht zu verpassen. Die geschlüpften Äschenwinzlinge wurden in ein eigens für sie erstelltes Rundstrombecken eingesetzt und drei Monate mit Plankton zu ansehnlichen Fischchen herangefüttert. Gefahrlos und ohne nennenswerten Verlust konnten die kleinen Äschen in die Forellenvorstreckteiche zu den Forellen gesetzt werden. Beim Abfischen der Setzlinge Mitte September fingen wir 90 % unserer eingesetzten Äschen wieder. Ich kann den an der Äschenaufzucht interessierten Vereinen raten, ihre Äschenbrut in Rundstrombecken vorzustrecken. Allerdings sollte jeder Hobby-Züchter für sich entscheiden. ob er die mühselige Eigenzucht auf sich nehmen will oder doch nicht lieber auf Angebote des Handels zurückgreift. Einfacher ist es auf jeden Fall, und Probleme bezüglich der Abwanderung wie bei den Forellen sind nicht zu befürchten. In den vorangegangenen Zeilen habe ich Ihnen einen kleinen Einblick in unsere Edelfischaufzucht gegeben. Aber damit sind unsere Aktivitäten bei der Fischzucht noch lange nicht beendet. Alle Welt redet heute vom Umweltschutz - manche reden diesen auch buchstäblich kaputt , und so kam mir vor ca. fünf Jahren der Gedanke, es müßte doch möglich sein, im Elbe-Niederungsgebiet ausgestorbene Kleinfische, das heißt ehemals hier einheimisch gewesene Fische. wieder einzubürgern.

Gegen das anfänglich mitleidige Lächeln einiger Sportkameraden konnte sich meine Idee im Laufe der Zeit doch durchsetzen. Heute können wir auf -einen guten Stamm von Kleinfischen blicken. Ich will zwar einräumen, daß eine zwölfpfündige Meerforelle mehr Aufsehen macht. Aber wenn beim Ablassen der Kleinfisch-Zuchtteiche das Zählen der Elritzen, Schmerlen. Mühlkoppen, Stichlinge und Gründlinge eingestellt wird, weil man einfach überfordert wäre, diese Fischmenge in Zahlen festzuhalten, ist es für mich persönlich ein Erfolgserlebnis, wurden doch anfangs erhebliche Zweifel an diesem Projekt laut. Auch für dieses Kleinfischzuchtprogramm wurde eine geeignete Teichanlage angepachtet. Bei diesen Fischarten wird in absehbarer Zeit mit einer Eigen-Vermehrung in der Este nicht zu rechnen sein. Die Verbauungen und die Wasserbelastung ist einfach ein unüberwindbares Hindernis bei der Vermehrung.

 

Volkhard Werner




zurück zur Seite Wiedereinbürgerung von Fischen


Dieses Dokument wurde zuletzt geändert am :