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Wiederinbetriebnahme
im Gespräch: Schleusenwärter Uwe Weber inmitten der historischen
Wasserkraft-Technik im „Kraftwerk“ im Granini-Wehr in Altkloster. Der
Investor will wieder Strom (275 000 Kilowattstunden/Jahr) produzieren
und eine mäandrierende Fischtreppe bauen. Fotos Vasel |
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Fisch-Autobahn statt Strom
Wasserkraftwerk am Mühlenteich stößt auf Widerstand - Politik präferiert Wildwasser-Machbarkeitsstudie
BJÖRN VASEL BUXTEHUDE.
Jörg Steinbrunner aus Berga will das alte Wasserkraftwerk am
Granini-Wehr in Altkloster wieder in Betrieb nehmen - und eine neue,
mäandrierende Fischtreppe bauen. Weltweit hat der Investor mit seinem
Unternehmen Stahlbau Berga mehr als 100 Wasserkraftwerke realisiert,
von Deutschland bis Kirgistan; einige der Anlagen betreibt Steinbrunner
in Eigenregie selbst. Rund 500 000 Euro will der Thüringer investieren.
Eine Vorstudie habe gezeigt, dass Naturschutz und Wasserkraft sich
nicht widersprechen, so der Investor.
Der Thüringer hat "einige 1000 Euro" in die Planung investiert und eine
60-seitige Vorstudie zur Umweltprüfung erarbeiten lassen. Diese liegt
der Verwaltung vor. Das Ergebnis: Die Passierbarkeit für aquatische
Lebewesen könne gewährleistet werden -mit Kraftwerk und neuer Treppe.
"Es lohnt sich auf jeden Fall", sagt Steinbrunner. Gegenwärtig gibt es
12,7 Cent pro Kilowattstunde als Einspeisevergütung - fest auf 20
Jahre; ab 2013 fließt jährlich ein Prozent weniger. Er habe eine
passende Turbine auf Lager.
Des Weiteren hat der Eigentümer des Grundstücks links des Wehres sich
bereiterklärt, dieses für den Bau einer neuen, mäandrierenden
Fischtreppe - ähnlich wie die neue in Geesthacht - zur Verfügung zu
stellen. "Allein die Fischtreppe würde mich rund 150 000 Euro kosten",
unterstrich Jörg Steinbrunner gegenüber dem TAGEBLATT. Er hofft, dass
sich die Politik in Buxtehude letztlich doch für das Projekt
"Wasserkraftwerk plus Fischtreppe" entscheidet. Angesichts der im Jahr
2012 beschlossenen Vergütungsdegression beim
Erneuerbare-Energien-Gesetz kann sich der Investor nicht vorstellen,
mehrere Jahre auf ein Ja zu warten.
Doch die Politik hat Steinbrunners Antrag erst einmal in die Schublade
gepackt - und im Betriebsausschuss ein Konzept von 2009 wieder
hervorgeholt. "Wir wollen die Sohlgleite im Mühlenteich", sagte die
CDU-Fraktionsvorsitzende Arnhild Biesenbach. Diese sei aus ökologischer
Sicht - und mit Blick auf die marode hölzerne Fischtreppe - "die beste
Lösung". Auch der Landkreis Stade und die Angler- und
Naturschutzgemeinschaft Niedersachsen sind dafür; die Untere
Naturschutzbehörde will, mit dem Geld aus dem Kreisnaturschutzfonds,
eine Machbarkeitsstudie erarbeiten. Der Kreis befürwortet die
Sohlgleite aus "fließökologischer und fischereirechtlicher Sicht" und
lehnt die Wiederinbetriebnahme des 1996 stillgelegten
Granini-Kraftwerks ab. Das Staurecht ist mittlerweile erloschen. Es
müsste für das Wasserkraftwerk in Stade neu beantragt werden. Auch das
Land hat Vorbehalte und verweist auf Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie
(FFH) und EU-Wasserrahmenrichtlinie. Die sehen vor, dass der
ökologische Zustand verbessert werden muss, Hindernisse für Fisch &
Co müssen weg.
"Nach hiesiger Einschätzung wäre die Wasserkraftanlage nicht mit dem
Verschlechterungsverbot gemäß EG-Wasserrahmenrichtlinie vereinbar",
sagt Christine Lecour vom Fischereikundlichen Dienst beim Landesamt für
Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Endgültige Klarheit könne
aber erst eine FFH-Verträglichkeitsprüfung bringen.
Auch Bodo Klages (BBG), Guido Seemann (Grüne), Rudolf Fischer (FDP) und Horst Subei (SPD) unterstützten Biesenbach.
Die Stadt soll jetzt den Kreis bitten, die Machbarkeitsstudie für die
Sohlgleite zu machen. Für letztere müsste ein neuer Este-Lauf im
Mühlenteich modelliert werden - im Fachjargon Sohlgleite. Das ist eine
geschwungene Rampe mit einer Basis aus Steinschüttungen - ein
Wildwasser im Kleinen. Mit diesem würde der Höhenunterschied von etwa
zwei Metern zwischen B 73-Brücke und Altkloster (Brücke an der
Moisburger Straße) überwunden.
Oberhalb der B 73 müssten ein neuer Sandfang und ein Mini-Wehr angelegt
werden, um Hochwasserschutz und Mindestgrundwasserspiegel (Häuser
stehen auf Pfählen) zu gewährleisten. Die Sohlgleite würde mehr als
eine Million Euro kosten - Geld, das weder Stadt noch Kreis haben.
Ursprünglich wollte der Kreis diese als Ausgleich für Projekte wie
Kohlekraftwerke anbieten; mit der Machbarkeitsstudie wäre das zukünftig
einfacher, so der Kreis.
Stadtbaurat Michael Nyveld plädiert auch aus Städtebausicht für das
Kraftwerk. Dieses sei eine historische Reminiszenz an die
Industriegeschichte und sollte erhalten bleiben. Eine Sohlgleite wäre
aus ökologischer Sicht die 1a-Lösung: "Wir sehen aber zurzeit
niemanden, der die Sohlgleite realisiert", sagt Nyveld. Mit der
Wasserkraftanlage würde eine funktionsfähige Fischtreppe gebaut. Die
1b-Lösung sei "viel realistischer". Weil die alte Treppe nicht mehr
ewig hält, hielt sich die Politik die Hintertür offen. Erst wenn die
Studie vorliegt, wird endgültig entschieden. Steinbrunner: "Dann könnte
es zu spät sein - und Buxtehude stände mit leeren Händen dar."
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