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Soll für Wanderfische durchgängig gemacht werden: Der Horsterbeck an der alten Wassermühle in Himmelpforten. |
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Freie Wege
zu den Laichplätzen
Land bewilligt elf Millionen Euro für 79 Projekte
Christian Schmidt
LANDKREIS.
Wehre, Sohlabstürze, Wassermühlen und befestigte Ufer gelten neben der
Gewässerverschmutzung zu den wichtigsten Ursachen dafür, dass
Wanderfisch-Arten wie Lachs, Stör und Neunaugen sehr selten geworden
sind. Nach und nach sollen jetzt die Barrieren in den Flüssen
verschwinden. Dazu zählen das Wehr in Bremervörde, der Absturz an der
Himmelpfortener Wassermühle, Engpässe an der Stader Heidbeck und am
Wischhafener Schleusenfleth. 20
Jahre nach dem Start des niedersächsischen Fließgewässerprogramms
stellt das Land 2012 für 79 Projekte rund elf Millionen Euro zur
Verfügung. Die Liste der Anwärter dürfte deutlich länger sein. Denn in
einem "ökologisch guten Zustand", wie ihn die europäische
Wasserrahmenrichtlinie fordert, sind nur noch sehr wenige Flüsse und
Bäche. Freie Wege zu den Laichplätzen gehören dazu, aber auch
strukturreiche Lebensräume mit Steilufern, Kiesgründen, Altarmen und
unbewirtschafteten Ufern.
Auch die Unterhaltungsverbände (UHV) Untere Oste und Kehdingen, primär
zuständig dafür, dass das Regenwasser aus der Landschaft abfließt,
haben ökologische Vorhaben inzwischen auf der Agenda. Ulrich Gerdes,
Geschäftsführer des UHV Untere Oste, freut sich, dass mit Geldern aus
dem Fließgewässerprogramm in diesem Jahr eine Wanderfisch-Barriere im
Horsterbeck beseitigt werden kann: "Ein Absturz von 70 Zentimetern Höhe
an der Himmelpfortener Wassermühle soll im Einvernehmen mit den
Eigentümern durch eine langgezogene Sohlgleite aus Natursteinen ersetzt
werden." Auf rund 20 000 Euro schätzt Gerdes die Kosten, gefördert vom
Land und vom Naturschutzfonds des Landkreises Stade. Der Horsterbeck
mündet bei Burweg-Horst in die Oste. Zwar ist die Mündung mit einem
Schöpfwerk ausgestattet, doch erlaubt ein Freiflut-Siel den Fischen das
Ein- und Auswandern, eine wichtige Voraussetzung für die weitere
Renaturierung.
Vom Fließgewässerprogramm wird auch der UHV Kehdingen profitieren. Hier
geht es um das Wischhafener Schleusenfleth und die so genannte Bracke
unmittelbar hinter dem alten Winterdeich. UHV-Geschäftsführer Heinrich
Heinsohn: "Wir wollen die Gewässer entschlicken und die Ufer wieder in
ihren ursprünglichen Zustand bringen."
In Stade fördert das Land die Planung für die Renaturierung des
Heidbeck zwischen Barge und Klein Thun. Der Bach, der sich
streckenweise in zwei Gerinne teilt, mündet in die Schwinge.
Für den "Rückbau des Ostewehres Bremervörde" sieht das
Fließgewässerprogramm in diesem Jahr 100 000 Euro vor. Dabei, so der
Sprecher des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft,
Küsten- und Naturschutz (NLWKN) Achim Stolz, handele es sich aber
ausschließlich um Planungskosten. Das Vorhaben selbst sorgt seit Jahren
für Streit. Das 1950 in einem Hochwasserschutz-Bypass der Oste gebaute
Wehr diente ursprünglich vor allem dazu, den erforderlichen Wasserstand
für die "Schabbelsche Wassermühle" zu gewährleisten. Die Wassermühle
aber existiert seit 1978 nicht mehr. Daher könnte das vom Land
betriebene Wehr eigentlich beseitigt werden. Das würde der Staatskasse
erhebliche Betriebskosten ersparen und den Wanderfischen helfen. Auch
Landwirte an der oberen Oste, die ihre Flächen stärker entwässern
wollen, plädieren dafür. Viele Sportangler und Naturschutzverbände
wollen aber den Wasserstand in der oberen Oste möglichst hoch halten
und dennoch den Weg für die Wanderfische frei machen.
Die Lösung wäre eine so genannte Sohlgleite. Dabei handelt es sich um
eine ansteigende Steinschüttung unter Wasser. Je nach Höhe dieser
Steinbarriere würde das Wasser angestaut. Regulierbar wie beim Wehr ist
die Wasserhöhe in der oberen Oste dann aber nicht mehr.
Achim Stolz, Sprecher des NLWKN: "Eine Sohlgleite ist die vom Land
favorisierte Lösung. Jetzt müssen verschiedene Planungsalternativen
geprüft werden."
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