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Ein
Defekt im Pumpensystem einer Biogasanlage hat vermutlich dazu geführt,
dass massenhaft Gülle und Gärreste in den Bruchbach und von dort in die
geschützte Veerse geraten sind. Schon nach kurzer Zeit fanden Angler im
Bruchbach bei Ostervesede viele tote Fische. |
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Fischsterben nach Biogas-Panne
Gärreste und Gülle werden stundenlang unbemerkt auf den Hof gepumpt - Katastrophe für das artenreiche Gewässersystem
Scheessel.. Für
die Gewässerschützer ist es eine Katastrophe, für den Leiter der
Rotenburger Kreis-Naturschutzbehörde, Jürgen Cassier, gar der
"Super-Gau": die Verseuchung des Bruchbachs und der Veerse durch
Gärreste aus einer Biogasanlage. Sie befürchten, dass "das
fischökologisch wertvollste und artenreichste Gewässersystem im
Landkreis Rotenburg" auf einer Strecke von 20 Kilometern ökologisch tot
ist.
Spaziergänger hatten sich am Sonntagmittag über beißenden Gestank und
tote Fische im Bruchbach gewundert. Es stellte sich heraus, dass in der
Nacht zuvor ein Gemisch aus Gärresten und Gülle aus einer Biogasanlage
in Schultenwede (Heidekreis) über den Hof in das direkt angrenzende
Gewässer geraten ist. Ursache war vermutlich ein defektes Pumpensystem.
Der Anlagenbetreiber will den Vorfall erst am Morgen bemerkt haben.
Anstatt die zuständigen Behörden zu informieren versuchte er, die
Verunreinigung selbst zu beseitigen. Dafür jedoch war es zu spät.
Längst waren in der benachbarten Gemeinde Scheeßel Teile der Veerse, in
die der Bach mündet, verseucht. Ralf Gerken befürchtet, dass ganze
Populationen bedrohter und geschützter Arten vernichtet worden sind.
Der Gewässerwart des Angelvereins Westervesede und Lauenbrück, der
zugleich Fischereibeauftragter des Landessportfischerverbands ist,
verweist unter anderem auf die Meer- und Bachforelle, den Steinbeißer,
das Bachneunauge, den Aal und die Bachforelle. Das massenhafte
Fischsterben könnte sich darüber hinaus auf die Bestände von Eisvogel
und Fischotter auswirken.
"Der Schaden für die Umwelt ist massiv und insofern besonders tragisch,
als dass es sich um ein naturgeschützes Gewässer handelt, in dem für
die Region sehr seltene Fische beheimatet sind", bemerkt Jürgen
Cassier. Jahre der Renaturierung und der Hege an der Veerse
insbesondere durch Angelvereine und die Stiftung Naturschutz könnten
nun mit einem Schlag vernichtet sein. "Das kann man jetzt abhaken",
bemerkte Jürgen Hicke, Vorsitzender des Nabu-Kreisverbands Rotenburg.
Manfred Radtke vom Rotenburger BUND geht davon aus, dass es Jahre
dauert, bis sich der Fluss regeneriert. Welches Ausmaß das Unglück hat,
werden die Untersuchungsergebnisse zeigen, an denen jetzt fieberhaft
gearbeitet wird. Für Ralf Gerken ist es damit jedoch nicht getan. Denn
ein solcher Fall könne sich jeder Zeit auch an anderer Stelle
wiederholen. Es gebe viele Biogasanlagen wie die in Schultenwede, bei
denen bei einer Panne Schadstoffe über den Hof ungehindert in ein
Gewässer fließen können. Grundsätzlich fehle es an einem System, wie
bei einer Havarie zu verfahren ist, beklagt er die Genehmigungs- und
Überprüfungspraxis. Da wird viel vertuscht, ist er überzeugt.
Wiederholt hätten die Angler auf die grundlegenden Probleme von
Biogasanlagen in Gewässernähe hingewiesen. "Bislang sind wir aber immer
abgespeist worden." Angesichts des Veerse-Unglücks regten sich nun
immerhin Politiker und Behörden. Selbst der zuständige Landesminister
habe sich informiert. Fischer wie Ralf Gerken wollen nun dafür sorgen,
dass das Thema auf der politischen Agenda bleibt. Denn Biogasanlagen
wie die in Schultenwede, sagt er, sind tickende Zeitbomben für unsere
Gewässer. Und sich allein auf Zusagen von Politikern und Behörden zu
verlassen reiche nicht, wie die Vergangenheit gezeigt habe. "Wir
bleiben dran."
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