Äschenzucht an der Este
Die Äsche ist einer meiner Lieblingsfische, da liegt es nahe, sich auch mit
ihrer Nachzucht zu beschäftigen.
Seit 1967 durfte ich in meinem Anglerverein
in der Salmonidengruppe mitarbeiten. 1969 wurde ich stellvertretender
Salmonidenobmann. Als Obmann übernahm ich 1978 verantwortlich die Aufgaben
dieser Gruppe. Mit gleichgesinnten Petrijüngern bewirtschaften wir in der
Nordheide vor den Toren Hamburgs einen Nebenfluss der Elbe, die Este.
Die Este ist ein typischer Niederungsbach. In den zwanziger Jahren wurde der Bach
begradigt. Dies hatte zur Folge, dass die Fließgeschwindigkeit des Gewässers
erhöht wurde. Einst vorhandene Kiesbänke wurden mit dem Sand der umliegenden
Felder zugedeckt. Eine Naturverlaichung der Salmoniden ist seitdem nicht mehr
möglich.
Um unseren Salmonidenbestand zu sichern müssen wir Besatzmaßnahmen
durchführen. Von uns werden Lachse, Bach-, Meerforellen und Äschen gezüchtet.
Bei den drei erstgenannten Salmonidenarten machte die Zucht keinerlei
Schwierigkeiten. Bei den Äschen gab es Probleme. Mittlerweile, um genau zu sein,
seit 1988, haben wir das Äschenproblem gelöst.
Es kann davon ausgegangen
werden, dass in der Este ursprünglich keine Äschen vorgekommen sind. Aus
Erzählungen alter Angelkameraden sind nach dem Zweiten Weltkrieg in dem oberen
Bachabschnitt erfolglos Äschen eingesetzt worden. Jahre später wurde ein
weiterer Versuch gestartet. Diesmal mit Erfolg. Vermutet wurde, dass durch
Veränderungen des Estewassers, dieses hatte sich offenbar erwärmt, das Gewässer
nun von Äschen angenommen wurde.
Die Erwärmung des Wassers ist auf
Hobbyteichbauten an den Nebenbächen der Este in erheblichen Umfang
zurückzuführen. Dadurch wird ursprünglich im Erdreich dem Bach zufließendes
Wasser an die Oberfläche geholt. Hier kann es sich nun erwärmen.
Die Äschen,
die in den sechziger Jahren für die Este angeschafft wurden, kamen aus Bayern,
Österreich, Norwegen und Schweden. Ich verrate kein Geheimnis, Äscheneier oder
Brut sind nur sehr schwer zu bekommen. Was lag da näher, als es auch bei den
Äschen mit der Nachzucht zu versuchen. Aber immer wieder erlitten wir
Schiffbruch. Irgendwie musste es bei der Äschenzucht ein Geheimnis geben.
Unzählige Bücher wurden gewälzt, über die Äschenzucht steht in den Fachbüchern
nichts.
Unser Schutzpatron Petrus konnte sicherlich unser vergebliches
Bemühen, Äschen erfolgreich zu vermehren, nicht mehr mit ansehen und hatte ein
Einsehen mit uns. Durch glückliche Umstände bekam die Salmonidengruppe ein
ideales Teichgelände zur Aufzucht von Salmoniden angeboten.
Wir hatten auf
diesem Gelände die Möglichkeit, hinter einem Aufzuchtteich eine naturnahe
Hälteranlage zu erstellen. Ein ca. 25 Meter langer und 4 Meter breiter
Abflußgraben wurde mit einem Mönch versehen und kann bei Bedarf aufgestaut
werden. In diesem Becken werden unsere Laichfische gehältert. Damit die
Laichfische die Möglichkeit haben sich unterzustellen, bzw. sich zu verstecken,
wurde die Hälfte des Hälterbeckens mit einem Dach versehen. Da auf dem
Teichgelände ein sehr starker Wasserzufluß besteht, ist gewährleistet, dass durch
das Hälterbecken immer genügend Frischwasser fließt.
Da Lachs, Bach- und
Meerforellen in dieser Anlage hervorragend zur Laichreife gebracht werden
können, lag es nahe, auch mit den Äschen einen erneuten Versuch zu starten und
siehe da, es klappte.
Im Laufe der Jahre hat es sich gezeigt, dass wir am
erfolgreichsten in der ersten Märzwoche auf Äschenlaichfische fischen. Wenn wir
Glück haben, können wir dann schon die ersten Fische streifen. Fische, die noch
nicht reif sind, kommen in die Hälteranlage. Länger als zehn Tage sollten Äschen
nicht gehältert werden. Fische, die bis dahin nicht gelaicht haben werden keinen
Laich abgeben.
Da die Äschen im Gegensatz zu anderen Salmoniden nur eine
kurze Laichzeit haben, besteht die Schwierigkeit, den genauen Zeitpunkt der
Laichreife abzupassen. In der freien Natur soll sich das Laichgeschäft der
Äschen innerhalb kürzester Zeit, es wird von zwei Tagen gesprochen, abgespielt
haben. In unserer Hälteranlage werden einige Äschen sehr schnell reif. Es ist
unbedingt erforderlich, den Reifegrad der Äschen ständig zu überprüfen. Bei uns
sehen wir alle zwei Tage nach den Fischen. Ich gebe zu, dass die Laichreife der
Äschenrogner nicht leicht festzustellen ist. Hat doch die Äsche von Natur aus
ein sehr festes Schuppenkleid. Wenn aber die Äschen den richtigen Reifegrad
erlangt haben, wird auch bei ihnen der Bauch weicher. Dieser Zeitpunkt ist
unbedingt abzuwarten. Ein vorzeitiges Streifen bringt keinen Erfolg. Nicht reife
Äscheneier hängen in Klumpen zusammen und lassen sich nicht befruchten.
Bei
uns hat sich das Trockenstreifen bewährt. Die Fische werden mit einem
Schaumstofftuch abgetrocknet, damit kein Tropfwasser in den Eimer gelangen kann.
Da Äschenmilchner nur sehr wenig Sperma beim Streifen abgeben, sollten genügend
Milchner gehältert werden. Vor der Befruchtung der Eier dürfen diese auf keinen
Fall mit Wasser in Berührung kommen, da sich sonst die Eischale so verhärtet,
dass kein Sperma zur Befruchtung in das Ei eindringen kann. Fruchtwasser richtet
keinen Schaden an.
Im Laufe der Jahre hat es sich gezeigt, dass es von großem
Vorteil ist, die befruchteten Äscheneier so schnell wie möglich in einer
geeigneten Wiege aufzulegen. Äscheneier sind zu Beginn der Zellteilung extrem
empfindlich. Also keine Experimente. Nochmals: streifen, befruchten und sofort
auflegen. Frisch gestreifte Äscheneier kleben zwar, aber durch leichtes Umrühren
mit der Hand während des Befruchtungsvorganges wird zum großen Teil der
Klebevorgang unterbunden.
Wie schon bei den Laichfischen müssen auch die
Äscheneier jeden zweiten Tag nachgesehen werden. Die abgestorbenen Eier sind zu
entfernen, da sich sonst ein starker Pilzbefall bemerkbar macht. Ende der
dritten Woche nach dem Auflegen, je nach Wassertemperatur, werden wir von
unseren Äschen sehr interessiert angesehen (Augenpunktstadium). Eine gute Woche
später fangen die Äschen zu schlüpfen an. Der Dottersack ist nach ca. einer
Woche aufgezehrt und die Äschenbrut kann ausgesetzt werden.
Wir setzen unsere
Äschenbrut in eine Teichanlage. Die Teiche, die zur Äschenaufzucht genutzt
werden sollen, sollten nicht länger als 14 Tage vor dem Besatz angestaut werden,
damit sich das Naturfutter in den Teichen zur richtigen Größe entwickelt hat.
Ohne Fütterung der Fische können dann in der ersten Septemberwoche ca. 50% der
eingesetzten Brut als 10 - 12 cm große Setzlinge abgefischt werden. Die
Äschensetzlinge werden dann in die Este verbracht.
Seit dem wir so verfahren
haben hatten wir bis zum Besuch der ungebetenen Gäste (Kormorane) im Winter 1995
/ 1996 einen guten Äschenbestand in der Este. Ab dem Jahr 2000 hoffe ich wieder
mit eigenen Brutfischen züchten zu können.
Auf ein großes Handikap möchte ich
noch hinweisen. Bei der Äschenzucht ist die gesamte Mühe umsonst, wenn im Wasser
mehr als 0,05 mg Nitrit nachzuweisen ist. Ich glaube, keine Fischart reagiert so
empfindlich auf Nitrit wie gerade die Äschen.
So liebe Angelfreunde, versucht
Euer Glück. Bei Fehlschlägen stehe ich mit hoffentlich richtigen Antworten zur
Verfügung. Einen Rat möchte ich noch geben: nur durch immer wieder neue Versuche
und eventuelle Fehlschlägen bekommt man das richtige Gefühl, Äschen erfolgreich
zu vermehren.
Diesen Text habe ich vor ein paar Jahren für interessierte Salmonidenzüchter
geschrieben und ich glaube, auch bei so manchen Angler finden diese Zeilen
Interesse.